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Faszination Kaufhaus

«Die heutige Generation weiss genau, was los ist auf der Welt»

Franco Savastano glaubt an die Kaufintelligenz von Jungen: «Sie bilden die Älteren beim Shoppen weiter.» Der CEO von Globus über Inspiration, Luxus und den Wert von Kaufhäusern.

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Macher aus Leidenschaft. Der 57-jährige Franco Savastano im Private-Shopping-Bereich der neu gestalteten Globus-Filiale in Zürich.

Macher aus Leidenschaft. Der 57-jährige Franco Savastano im Private-Shopping-Bereich der neu gestalteten Globus-Filiale in Zürich.

Vera Hartmann

Franco Savastano, worüber freuen Sie sich im neuen Globus am meisten?

Dass der Baustellen-Groove vorbei ist. Wir haben in Zürich eben unsere neue Damenabteilung eröffnet, nach vier Monaten Umbau. Nun können wir die Kundinnen auf der neuen Fläche empfangen. Frauen machen siebzig Prozent des Umsatzes aus.

Sie wollen Kauferlebnis statt nur Konsum bieten.

Ja. Schon der Bon Marché, ein Vorbild von Globus, war seit dem 19. Jahrhundert in Paris ein Ort des Begegnens und des Entdeckens. Wir setzen auf spezielle Marken, auf Mitarbeitende mit Fachwissen und bauen das Private Shopping aus – wir bieten ein sogenanntes Retail Entertainment.

Was genau bedeutet das?

Das Schlimmste ist, wenn im Kaufhaus die Rolltreppe lauter ist als die Musik. Wir schaffen ein Ambiente, in dem sich die Kundschaft zu Hause fühlt: mit Materialien, Licht, Präsentation von Produkten. Als Bub habe ich einen Film aus den 1950ern über das New Yorker Kaufhaus Saks 5th Avenue gesehen. Mich hat das Schaffen von Welten in einem Kaufhaus schon damals fasziniert.

Globus-Gründer Heinrich Burkhardt hat sich an Pariser Kaufhäusern orientiert. Was braucht es, um die Schweizer Kundschaft zu packen?

Der grosse Erfolg eines jeden Unternehmens ist es, wenn es über Generationen begeistert. Dafür muss es sich immer wieder erneuern. Die digitale Entwicklung gibt ein schnelles Tempo vor. Die Generation Z, jetzt schon wichtige Kundschaft und künftig noch mehr, ist dank sozialen Medien international unterwegs. Früher mussten wir uns in Mailand oder Paris inspirieren lassen. Die heutige Generation weiss genau, was los ist, in Korea, in Mexiko, auf der Welt.

Und wie inspirieren Sie die älteren Kundinnen und Kunden?

Die Generation Z nimmt auch Einfluss auf deren Kaufverhalten. Sie fragen: Was esst ihr, was tragt ihr? Die Jungen sind aufgeschlossen, fordern Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Ich komme aus einer Generation, in der noch der Vater sagte, was läuft. Nun stimulieren die Jüngeren die Älteren. Wir bieten im Sortiment vieles, was die Kids cool finden. Früher wurden Junge von den Eltern fast in die Läden gezerrt. Heute ist es eher umgekehrt.

Die Jungen geben den Takt vor?

Ja. Wir können nicht genau wissen, was morgen passiert. Aber wir schaffen, was heute bewegt. Wir schaffen daher unterschiedliche Moods in der Gestaltung unserer Stores. In der Umsetzung ist es komplex, jedes Stockwerk anders gestalten zu lassen, so wie wir es machen – von der extrovertierten italienischen Designerin bis zum zurückhaltenden, nordischen Architekten. Aber genau das bietet ein Erlebnis für die Kunden.

Globus gehört seit 2020 einer internationalen Gruppe an, zu der Selfridges in London und das KaDeWe in Berlin gehören. Beeinflusst das Ihre Entscheidungen?

Wir sind in acht Ländern tätig, aber jedes Land ist autonom, weil andere Voraussetzung gelten. In der Schweiz heisst Globus überall Globus, aber die Filialen sind regional verankert, passen sich in Erscheinung und Sortiment der lokalen Kundschaft an.

Sie positionieren Globus höher, luxuriöser – und ernten dafür auch Kritik.

Ja, und das nehme ich gerne in Kauf. Delicatessa, seit zwanzig Jahren unsere grösste Abteilung, war immer hochwertig. Der Rest des Hauses wurde dem nicht mehr gerecht. Wir sind aber nicht per se teurer. Wir sind wertiger: Die Leute wollen heute sehr wertig oder aber sehr günstig, Fünfsternhotel oder Budget-Hotel.

Und mittelpreisige Produkte?

Nicht nur das Kundenbedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit steigt: Wir werden in der Branche in den nächsten Jahren mit dem Rohstoffthema konfrontiert sein. Wir werden auf qualitativ hochwertige Materialien aus knapp werdenden Rohmaterialien setzen müssen. Sonst gibts am Ende nur noch Billigware, die niemand mehr will.

Die Zürcher Bahnhofstrasse verändert sich. Manor ist weg, Jelmoli schliesst bald. Wie beurteilen Sie die Veränderungen?

In einem Bericht des «Tages-Anzeigers» von 1929, den ich im Staatsarchiv gefunden habe, steht: An der Bahnhofstrasse gebe es zu viele Handschuh- und Hutläden, man müsse aufpassen. Veränderungen gab es immer. Nun kommen etwa Automarken in die Innenstadt, weil man sich heute beim Stadtbummel noch schnell ein Auto kauft, damit man nicht in die Peripherie muss. Dennoch: Persönlich bedaure ich die Schliessungen sehr! Es ist schade, dass zwei so wichtige Retailer aus der Innenstadt verschwinden. Sie trugen zur Vielfalt bei, waren feste Bestandteile der mittleren Bahnhofstrasse.

Sie haben Ihre Karriere als Herrenmodeverkäufer im Aargau angefangen, waren später bei Grieder, bei Jelmoli. Was ist bis heute Ihr Antrieb?

Ich hatte das Glück, immer gute Chefs gehabt zu haben, die an mich glaubten. Ich bin ausserdem ein Secondo-Kind. Meine Eltern sind aus Süditalien hergezogen und haben immer ganz selbstverständlich viel gearbeitet. Das hat mich geprägt. Willst du weiterkommen, musst du trainieren und dranbleiben, das ist wie im Fussball. Ich arbeite gerne mit Menschen und versuche, mein Team zu pflegen: Fast zwanzig Jahre lang habe ich immer an Heiligabend beim Personalausgang gestanden und persönlich allen eine schöne Weihnacht gewünscht. Dafür braucht es allerdings eine Familie, die das mitmacht. Und die habe ich.

Was ist für Sie Luxus?

Sicher mal die Gesundheit. Eine schöne Familie zu haben, das bedeutet mir sehr viel. Sicher, wir wohnen schön, haben einen gewissen Lebensstandard. Aber viel mehr schätze ich das Privileg, beruflich machen zu dürfen, was mir Spass bereitet.

Silvia Binggeli
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Von Silvia Binggeli am 14. Oktober 2023 - 14:00 Uhr